Bericht


HERREN 2. ZWISCHEN HARZ UND WINDELN.

„Pascal, sei doch jetzt endlich mal still!“. Sein Gesprächspartner Simon King daneben grinst verschmitzt und denkt: ‚Ha! Wieder hat’s Pascal erwischt!‘ Diese, für die Vorbereitung typische Szene, beschreibt ganz gut die aktuelle Lage im Reserveteam. Überglückliche, wild plappernde Jung-Papas treffen auf
ein engagiertes und motiviertes Trainerteam. Und so müssen Trainer - Urgestein Matthias Schinle oder sein Kollege Julian Roming ein ums andere die fröhliche, windelwechselnde Rasselbande ermahnen, doch bitte aufmerksam den Geschehnissen vor Ort zu folgen.

Denn nach über 1,5 Jahren ohne echte Handball-Runde freuen sich Mannschaft und Trainer auf die anstehende Runde im Bezirk Neckar-Zollern des württembergischen Handballverbandes. Endlich wieder Hallenduft und Auswärtsfahrten. Wurstwecken und Finalgon zur Spielvorbereitung. Rauschende Siegesfeiern und stinkende Trikotwäsche.
Was haben wir das nicht alles vermisst!

Vom Höhlenmenschen zurück in die Halle.
Schier endlos sind sie gewesen, die dunklen Wintermonate ohne harzige Kugel. Nach der Unterbrechung der letzten Runde waren die Aussichten trübe: Kein Hallensport, gleichbedeutend mit wenig sportlicher Bewegung im Allgemeinen. Kein freudiges Begrüßen der Mannschaftskollegen. Kein kollegialer Austausch nach Training und Spiel.

Der Dunninger und Schramberger Handballer – ein sonst zutiefst soziales Wesen – er fiel in ein tiefes Loch der sozialen und sportlichen Abstinenz. Nach Wochen des trüben geistigen Nebels und des Dahinvegetierens auf der heimischen Couch dann ein erster Lichtblick: Im neuen Jahr entdeckte Trainer-
Opa Matthias Schinle das Internet und bot alternierend mit Kollege Julian Roming eine wöchentliche Online-Trainingseinheit per Videokonferenz an.

Fortan wurde einmal wöchentlich das heimische Wohnzimmer zur Fitnesshölle umfunktioniert. Burpees, Liegestütz und Kniebeugen wurden in graziöser Ausführung präsentiert, die eingerosteten Knochen etwas bewegt, die angesammelten Fettreserven in Muskeln umgewandelt.

Zumindest in der Theorie: Denn der anfänglichen Euphorie wich bei vielen schnell die Ernüchterung, dass der Ball als liebstes Spielgerät doch mehr als vermutet vermisst wird. Somit dünnte sich das Teilnehmerfeld leider mehr und mehr aus. „Sorry, muss schon wieder Windeln wechseln“ oder „Bin mit meinem Bauch unter dem Spielbogen meiner Tochter steckengeblieben“ – um nur zwei Auszüge aus kuriosen Entschuldigungen der Trainingsabstinenz hier zu präsentieren.

Weiterentwicklung und Spaß stehen im Vordergrund.
Letztlich sollte es bis in den Juli dauern, ehe der angestaubte und mittlerweile luftleere Handball zum ersten Mal den Weg in die Halle fand.

Denn erst nach 9-monatiger Pause waren die Voraussetzungen geschaffen, dass ein Hallentraining wieder stattfinden konnte. Seitdem arbeitet die Mannschaft schrittweise und behutsam zwei Mal pro Woche, um an die  Leistung alter Tage wieder anknüpfen zu können: die gebrechlichen Körper auf eine anstrengende Saison vorbereiten, den Corona-Blues aus den Kleidern
schütteln und die spielerische Kreativität im individuellen wie im kooperativen Bereich entwickeln und fördern.

Daneben wird großen Wert auf die motorischen Fertigkeiten gelegt – allen voran die Ausdauer: So setzen sich vor allem die Jung-Papas für eine ausreichende Fußball-Einheit ein. Denn „es gibt kein besseres und sinnvolleres Training der spielnahen Ausdauer als der Warm-Kick“, ist sich Kapitän Tobias Schinle sicher.

„Aerob, anaerob-alaktazid, anaerob-laktazid – alles dabei!“ sichert ihm Torhüter und Laufwunder Marcel Krause zu. Und auch Dribbelkünstler Joni Meyer ist begeistert: „Wir Junge kriegen zwar immer die Mütze voll, als Kapitän und Goalgetter bin ich trotzdem jedes Mal wie schockverliebt in meine
Mannschaft“.

Auch wenn damit die Trainingsinhalte wirklich alles abdecken, was es zu einem Spitzenhandballer braucht, bei einer Aussage zum Saisonziel halten sich alle bedeckt. Denn, zwischen Harz und Windel sind die Prioritäten schnell geklärt. Zumal bei vielen Spielern noch andere Großbaustellen anstehen.

Deshalb gilt es die Devise: Verletzungsfrei durch die Runde und so viele Spiele wie möglich gewinnen. Denn eins ist gewiss: Am Ende kackt die Ente!